»Im Landkreis Rosenheim prägen die wie zufällig auf die Wiesen gestreuten Obstbäume die voralpine Landschaft. Bad Feilnbach und Rohrdorf liegen inmitten der Region, die mit ihrer hohen Streuobstdichte ein wahres Naturparadies darstellt. So ein Paradies bringt nicht nur wohlschmeckende und gesunde Äpfel, Birnen oder Quitten hervor, die wir pur genießen oder verarbeitet, als Fruchtsäfte, Edelbrände, Essig oder Marmeladen. Es ist auch Gold wert für die Natur. Kleintiere, Insekten, Vögel und Pflanzen finden auf Streuobstwiesen einen intakten Lebensraum und eine Nahrungsquelle. Aber auch Klima, Böden und Gewässer ziehen ihren Nutzen.« Mit diesen Worten wurden Medienvertreter eingeladen an der Veranstaltung teilzunehmen.
»Streuobstanbau macht viel Arbeit und bietet gemessen am Plantagenanbau geringeren wirtschaftlichen Ertrag.«
Das ist die Realität, die Joachim Wiesböck, Geschäftsführer der ORO – Die regionale Kelterei, in seinen einleitenden Worten beschrieb. »Vor allem dann, wenn kein leistungsfähiger Kelterei-Partner den Streuobst-Besitzern zur Seite steht«. In diesem Zusammenhang sei das Engagement der Keltereigenossenschaft in Rohrdorf seit vielen Jahren zu sehen: Zuverlässige Möglichkeit, die eigenen Äpfel zu verwerten zu sichergestellten Konditionen und verlässlich in jedem Erntejahr und egal, welche Erntemenge.
Weiter führte er aus, sei der lokale Ansatz ein wesentliches Standbein der ORO-Markenpolitik: Fruchtsäfte für die Region mit Äpfeln aus der Region lassen sich nur realisieren, wenn Erzeuger und Verarbeiter eng zusammenarbeiten und vor allem, wenn Obstgartenbesitzer ihr wertvolles Gut erhalten und pflegen. Deshalb unterstütze die Kelterei ihre Anlieferer wo sie nur kann. Beispiel hierfür sei auch die ORO-Streuobstinitiative im Bio-Bereich. Hierdurch können sowohl Nicht-Landwirte oder konventionelle Landwirte ihre Streuobstflächen Bio-zertifizieren lassen. Dies ist möglich, weil hier die ORO als Trägerorganisation fungiert und so die Zertifizierung für mehrere Obstwiesen übernehmen kann. Allerdings ist die ORO gemeinsam mit dem Betrieb für die Einhaltung der Bio-Vorschriften auf den Streuobst-Flächen verantwortlich. Deshalb wird zwischen ORO und Obstgartenbesitzer ein Vertrag geschlossen, der alle Details regelt.
Allerdings können derzeit keine neuen Erzeuger in das Programm aufgenommen werden – erst wenn der regionale Bio-Absatz in der Region sich stabilisiert hat, kann die Streuobst-Initiative wieder erweitert werden. Um das zu erreichen, versuche man derzeit vor allem Bio-Märkte für die Idee der regionalen Bio-Säfte zu gewinnen.
Die Streuobstwiese »Amselhof« stellt sich vor…
Helmut Wiesböck, Streuobstgarten-Besitzer und gleichzeitig Vorsitzender des Aufsichtsrates der ORO Obstverwertung eG führte die Medienvertreter trotz beginnenden Regens durch seine annähernd 200 Obstbäume und erzählte sehr anschaulich die Abläufe bei der Pflege und Ernte in einem Streuobst-Garten. Er erzählte, das sein Garten 1941 bis 1943 angelegt wurde eine Fläche von ca. 1,7 ha umfasst.
Hauptsorten waren und sind alte Sorten wie Rheinischer Bohnapfel, Kaiser Wilhelm, Goldparmäne, Wiltshire, Boskop, Rambur und Schweizer Orange als Hoch- Mittelstamm und Buschbäume. Daneben wurden aber auch neue Sorten in großer Stückzahl ausprobiert, z.B. Lombards Calville und Cox Orange. Der Ingenieur und spätere Firmeninhaber einer Logistikfirma erwarb 1983 ein Schnapsbrennrecht und brennt seitdem mittlerweile hochqualitative Edelbranntweine aus den Amselhoffrüchten.
Seit einigen Jahren ist der Streuobstgarten über die ORO Streuobstinitiative Bio-zertifiziert. Seit Bestehen wurde im Obstgarten weder Kunstdünger noch Spritzmittel eingesetzt.
Josef Stein, Obstsachverständiger: Reges Interesse der Medienvertreter an seinem pomologischen Fachwissen
Josef Stein erläuterte die Vielfalt alter Apfelsorten und erzählte von seinem Obstsorten-Erhaltungsprojekt bei dem in einem ersten Schritt nach alten Sortennamen geforscht wird. Weiter ging er in diesem Zusammenhang auf das Biotop »Streuobstwiese« ein. Dieser Lebensraum beherberge zahlreiche Insekten und Kleintiere und durch das besondere Klima in einem Streuobstgarten können hier auch bestimmte Kräuter besser gedeihen. Er stellte somit die ökologischen Besonderheiten eines Streuobstgartens in Vordergrund und betonte aber auch, wie zuvor schon Joachim Wiesböck, die Wichtigkeit einer sichergestellten Entlohnung der mühevollen Arbeit in einem Streuobstgarten. Er formulierte ganz klar, wenn der Erhalt von Streuobstgärten nur von ökologisch besonders engagierten Menschen geschehen muss, werde es bald schon viele alte Apfelsorten nicht mehr geben. Er betonte die Wichtigkeit gesicherter Obstabnahme durch eine Kelterei.
Natürlich wurde sein Wissen auch gleich auf die Probe gestellt – er musste beim nächsten Apfelbaum gleich die Sorte bestimmen und biss dazu herzhaft in einen Apfel und erklärte aber dass eine exakte Sortenbestimmung auch für einen Pomologen nicht ganz so einfach ist und hier Sorgfalt gefragt sei.